IRONMAN Germany 2008 in Frankfurt

Noch wenige Meter

Als ich vom Mainufer auf den Weg zur Finish Line abbiegen durfte, war mir klar: jetzt hast du es geschafft, in Kürze bist du ein richtiger Ironman.

Eigentlich war ich im kompletten Rennverlauf fest davon überzeugt, dass ich es auch bis ins Ziel schaffe, denn ich hatte zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Schmerzen, auch das kurzzeitige Zwicken und eventuelle Anzeichen eines Krampfes in der dritten Runde, war recht schnell wieder weg, so dass es normalerweise keinen Grund zur Besorgnis gab. Ich hatte aber ab der dritten Runde permanent Angst, dass irgendwas passieren könne und ich mich dann nur noch langsam irgendwie ins Ziel schleppen müsse. Aber der Rückschlag blieb zum Glück aus, jetzt war ich mir sicher: ich hab es gepackt und damit meine erste Frage („Kann ich es schaffen?“) beantwortet.

Mein Zieleinlauf nach über elfeinhalb Stunden

Der Weg zur Finish Line

Roter Teppich beim Ironman Frankfurt

Wenn man vom Mainufer nach der vierten Runde abbiegt, geht es nicht sofort auf den roten Teppich, sondern man muss noch an ein paar Tribünen vorbeilaufen, ehe man auf den Zielkanal hoch zum Römer einbiegen kann.

Auf diesem Weg bekam ich wieder Angst, aber dieses Mal aus einem anderen Grund. Mir war klar, dass ich nun eine Antwort auf meine zweite Frage bekommen würde, die mich überhaupt zur Teilnahme gebracht hat, nämlich die Frage nach dem Gefühl, dass man hat, wenn man über die Finish Line läuft.

Im Training spielt man diesen Augenblick das ein oder andere Mal durch. Man versucht sich vorzustellen, wie es sein wird und man stellt es sich natürlich richtig toll vor. Ich hatte nun auf einmal Angst, dass es nicht so toll sein könnte, wie ich es mir immer vorgestellt hatte und dass das ganze Training und die Entbehrungen sozusagen umsonst gewesen sein könnten.

27 Kilogramm hatte ich abgenommen, mehr als ein Jahr lang konzentriert und ununterbrochen trainiert, dabei knapp 500 Stunden meiner Zeit geopfert, in denen ich mich 5.000km auf dem Rad gequält habe, 1.900km durch die Wetterau gelaufen bin und -nachdem ich Kraulen gelernt habe- 150km geschwommen bin, dazu noch einige Stunden im Kraftraum verbracht habe und knapp 150 Tage (mit einer Ausnahme) auf jeglichen Tropfen Alkohol verzichtet habe, das alles für diesen einen Moment… wird es sich denn wenigstens lohnen…?!

Roter Teppich

Nun war er gekommen, der Moment in dem ich in das schmale Gässchen zum Römer einbiegen durfte. Ich blickte noch einmal kurz auf die Pulsuhr, um auch sicher zu gehen, dass ich in der Euphorie auch ja nicht zu schnell laufe und somit wertvolle Sekunden dieses Glücksmoments verschenke.

Ich lief also die ersten Meter über den roten Teppich, sah dort Felix und Cindy, die lautstark jubelten und auch Katrin und Bernd, die zumindest nicht ganz unschuldig an der ganzen Sache waren, sogar Katrins Mama. Sensationell, unzählige Hände bekam man entgegengestreckt, von teilweise wildfremden Menschen, aber ich wollte sie in diesem Moment gerne alle schnappen. Gerade am Anfang ist der Weg so schmal, dass man beide Seiten gleichzeitig abklatschen kann, einfach toll.

Das Ziel

Daniel Rüd - IRONMAN Frankfurt Finish 2008

Nach ein paar weiteren Metern wird der Weg wieder etwas breiter und man sieht auf einmal das Ziel. In diesem Moment habe ich einen absoluten Tunnelblick gekommen, ich habe nur noch dieses Tor mit dem großen Ironman-Zeichen darüber angestarrt und bin darauf zugelaufen. Die Kulisse habe ich in diesem Moment vergessen. Kurz vor der Ziellinie blickte ich mich aber nochmal um. Ich sah meine Familie und meine Freunde, die fast einen ganzen Block besetzt hatten, auf den Stühlen standen und mich lautstark feierten. Auch hier wäre ich am liebsten zu ihnen geklettert und hätte sie alle umarmt, habe es aber vorgezogen unten stehen zu bleiben und ihnen mit Applaus für die Unterstützung zu danken, gerade an der Rad- und der Laufstrecke.

Dann lief ich mit gestreckten Armen über die Ziellinie.

Freude im Ziel

Der Zieleinlauf war zwar ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte, aber er war toll, eigentlich viel toller als ich ihn mir vorgestellt hatte, aber eben nicht wirklich in Worte zu fassen. Von daher stimmte das, was ich vorher immer gesagt bekommen hatte, das müsse man selbst erleben, das könne man nicht beschreiben.

Im Zielbereich wartete auch schon das Pro7-Team auf mich. Nach ein paar beantworteten Fragen applaudierte ich aus dem Zielbereich nochmal meinen Freunden, denn ich traute mich nicht mehr hinaus auf den roten Teppich; das dürfen doch nur die Sieger. Als ich dann aber meine Freundin auf der entgegengesetzen Seite der Tribüne erblickte, die schon eine ganze Weile lang nach mir schrie, gab es kein Halten mehr. Ich ging nochmal raus und umarmte sie. Ausgerechnet die wichtigste Person in meinem Leben, die mich bei meinem Vorhaben immer wieder motiviert und unterstützt hat, vergesse ich einem meiner glücklichsten Momente; nach dem Glücksgefühl folgte das schlechte Gewissen. Doch sie sagte, das bräuchte ich nicht haben…

Was mir erst im Nachhinein auf den Fotos aufgefallen ist, ich bin nach einer Zeit von 11:36.24,2 als 1207.Athlet über die Ziellinie gelaufen. Das entspricht meinem Geburtsdatum und da mein Finish ja auch ein Geschenk zu meinem dreißigsten Geburtstag sein sollte, finde ich das schon ein krasser Zufall.

Athlete’s Garden

Im Athletes Garden fühlte ich mich auf einmal nicht mehr so wohl. Deshalb bin ich zur Sicherheit in das Sani-Zelt gegangen und habe mich dort von einem Arzt untersuchen lassen. Er sagte, dass mein Puls und mein Kreislauf völlig in Ordnung seien und ich nur etwas trinken solle. Da ich aber schon einmal da war, wollte ich eine der kostenlosen Infusionen abstauben. Der Arzt meinte zwar, dass dies nicht nötig sei, man das aber geben könne, dann wäre ich schneller wieder fit.

Nachdem ich dann dort eine Weile herumgelegen habe, ging es in die Dusche und dann auch schon zum Check-Out. Zur Live-Berichterstattung von der Finish-Line-Party und vom Zielschluss war ich wieder zuhause auf meinem Sofa.

Wettkampfbericht

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