Es waren ja für den Sonntag des 5.Juni schwere Unwetter angekündigt und es war – wie immer bei solchen Lagen – nicht klar, ob und wie stark wir etwas abbekommen sollten. Kein Grund also, eine schon lange verabredete Grillparty abzusagen, sondern sie stattfinden zu lassen, aber immer mal wieder zwischendurch auf das Radar blicken. Danach sah es bis zu den späten Nachmittagsstunden auch gut aus. Ich warf also schon mal den Grill an… und dann nahm das Unheil seinen Lauf.
Ein Blick auf das Radar zeigte zwar eine Zelle bei Büdingen, die sollte uns aber nicht stören, alles andere war leer. Auch der Himmel sah nicht so aus, als würde in absehbarer Zeit etwas losgehen. Ich warf also den Grill an und kaum hatte ich es getan, verdunkelte sich der Himmel. Ich blickte in einen schönen Aufwindbereich und dachte mir nur, hoffentlich kommst du erst runter, wenn du schon vorbeigezogen bist. Auf die Frage der Gäste: „bekommen wir was ab?“ – konnte ich nur „schauen wir mal, was da hoch geht, muss auch wieder runter, die Frage ist nur wo?“. Die Grillis waren gerade durchgeglüht, der Grill bereit für das Fleisch, da tat es auch schon den ersten Schlag auf dem Blechdach eines Bauwagens im Nachbargarten. „Oh, Hagel“, dachte ich mir. Zusätzlich gab es auch den ersten Donner zu hören. Direkt über uns, ein Blick in die Blitzortung bestätigte das auch. Darauf hin bat ich alle rein ins Haus. Wir waren kaum drin, setzte auch der Starkregen ein, mit einzelnen Hagelkörnern etwas kleiner als einen Zentimeter. Im Radar schaute es jetzt anders aus, als noch 35min zuvor.
Nachdem der Regenschutt vorbei war, ging ich auf die Terasse um nach dem Grill zu schauen. Der hatte einiges an Wasser abbekommen, weshalb ich nochmal ein paar Briketts drauf legte. In dem Moment meinte ein Gast zu mir: „schau mal da hinten, ist das ein Tornado?“ – Ich nur so: „könnte einer sein, jedenfalls eine Funnelcloud“. Ich flitzte rein, holte mein Handy, machte schnell ein Foto und rief bei der Skywarn-Meldehotline an und sprach die Meldung über die Trichterwolke auf Band. Kaum war die Meldung abgegeben ging der nächste Schauer über uns herunter, das „Grillen“ wurde nach nach innen an den Herd verlagert.
Schadensanalyse vor Ort
Während dem Bruzzeln am Herd bekam ich unzählige Nachrichten per WhatsApp und Facebook mit Bildern der Funnelcloud aus allen unterschiedlichen Richtungen. Darüber hinaus auch die Info, dass es wohl in Butzbach-Ostheim zu Schäden gekommen sei. Nachdem die Gäste gegangen waren, machte ich mich dann schnell auf den Weg nach Ostheim, um zu sehen, ob die Schäden dort tornadisch waren oder ob es Gewitterfallböen waren. Bereits auf dem Weg nach Ostheim erreichte mich aber ein Foto mit dem Bild des Wirbels am Boden, der Fall war also eigentlich schon klar.
Bei der Kelterei Müller, die als Schadensort genannt wurde, sah ich dann relativ schnell das beschädigte Dach, auch auf der Straße davor zeugte ein ca. 20m breiter Abschnitt von einem Sturmereignis, dort lagen jede Menge frische kleine Zweige von Bäumen herum. Da bei der Kelterei Müller auch einige Leute vor Ort waren, fragte ich, ob ich mir die Schäden denn mal ansehen dürfe. Man führte mich dann auf dem Gelände herum und zeigte mir die beschädigten Stellen und wohin einzelne Teile geflogen waren: Dächer von zwei Gebäuden beschädigt, dazwischen Leergut-Kisten umgeworfen und die Teile des Daches bis zu 200m weit hinweg über andere Häuser in unterschiedliche Richtungen verfrachtet. Hinzu kamen Augenzeugenberichte, die den Wirbel selbst auch gesehen haben und entsprechend beschreiben konnten. Der Tornado hatte seinen ersten Bodenkontakt im Feld vor Butzbach-Ostheim, zog dann in nordnordöstliche Richtung über die Kelterei Müller hinweg durch Ostheim. Wo genau der Bodenkontakt verloren wurde, ist nicht zu ermitteln gewesen. Im Verlauf der engen Schneise wurden auch noch einzelne Dächer beschädigt. Die Styropor-Dämmung aus dem Dach der Kelterei waren noch 700m außerhalb von Ostheim, nördlich der Umgehungsstraße im Feld zu finden. Anhand der Schäden und den Verfrachtungen lässt sich der Tornado im unteren F1-Bereich einstufen, also mit Windgeschwindigkeiten von über 118km/h.
Hier ein paar Bilder aus Ostheim: