Im Bericht über meinen Radsplit habe ich ja bereits geschrieben, dass ich mich nicht richtig auf dem Rad verpflegt habe, insgesamt nur ein bisschen mehr als ein Drittel von dem, was ich eigentlich hätte zu mir nehmen sollen. Klar, dass ich dann schon leer in Frankfurt ankam und eigentlich hatte ich auch wirklich keine Lust mehr auf den Marathon. Mir war nämlich klar, dass ich diesen nicht wirklich würde durchlaufen können.
Kilometer 1 bis 17 – ca. 1:53h
Der einzige Grund, warum ich überhaupt auf die Laufstrecke bin, war, dass meine „Fans“ noch nicht in Frankfurt waren. Die hatten nämlich allesamt in Friedberg auf der zweiten Radrunde auf mich gewartet und da ich nicht genau wusste, wo sie wann sein werden, bin ich los und wollte zumindest so weit laufen, bis ich sie an der Strecke treffe. Die ersten Meter bin natürlich viel zu schnell los gelaufen, aber ich wurde schnell eingebremst, denn das erste Dixi-Häuschen war mir. Als ich nach ein paar Minuten aus dem gefühlt 50 Grad heißen Örtchen herauskam, hatte ich dann mein erstes und einziges Highlight: ich war wenigstens so früh auf der Laufstrecke, dass ich die Profis noch sehen konnte; zwar nicht den späteren Sieger Andreas Raelert, der war nämlich schon durch, aber zumindest Timo Bracht und Chris „Macca“ McCormack durfte ich noch auf ihrer letzten Laufrunde bewundern. Und kurz darauf überholten mich dann auch die führenden der Frauen, die auf ihrer vorletzten Runde waren. So viel zum positiven…
Der Rest war eher negativ: ich merkte, wie wenig Energie ich noch hatte, konnte mich aber trotzdem nicht überwinden, irgendetwas in mich reinzustopfen. Aber noch trieb mich der Gedanke „du kannst doch nicht ohne ein einziges Bändchen am Arm schon spazieren gehen“ zum Laufen an. Wobei das auch schon nicht mehr wirklich Laufen war, ein 6:30er Schnitt auf der ersten Runde und der Puls für den niedrigen Schnitt schon viel zu hoch. Da merkte man auch schon an den Werten, dass das nicht mehr ganz so in Ordnung war. Nach der ersten Runde traf ich dann meinen Bruder und ein paar Freunde, allerdings fehlte Katharina. Ja, ich war regelrecht entsetzt, hatte ich mich doch so gefreut, meine Frau zu sehen und dann war sie auch nicht da… „Die ist drüben“ rief mir mein Bruder zu und ich sagte nur: „Scheiße, nochmal 6km bis ich sie sehe…“.
Kilometer 17 bis 42,2 – ca. 3:50h
Ja, und so bin ich nochmal weiter gelaufen, bis ich mir dann auf der Sachsenhausener Mainufer-Seite ein Bussi und einen Drücker abholen konnte… danach ging allerdings nicht mehr viel, bei Kilometer 17 war es dann so weit, ich bin zum ersten Mal gegangen… und bin auch nicht mehr losgelaufen…
Mit anderen Worten: ich bin über 25km am Mainufer spaziert, auch an den Stellen, wo viele Leute standen und die mich allesamt namentlich anriefen und meinten: „komm, Daniel, das geht schon, du siehst noch gut aus, lauf wieder an.“ – schon unglaublich, was einem da alles durch den Kopf geht… ach ja, und Spaß macht das nicht wirklich… und langweilig ist es auch… und mit großem Sport hat das dann auch nichts mehr zu tun… meiner Meinung nach zumindest…
Im Ziel nach 12:49h
Aber immerhin: ich konnte mich dazu überwinden, es zu Ende zu bringen, auch wenn schon relativ früh klar war, dass ich das Ziel, weswegen ich eigentlich angetreten bin, nicht wirklich erreichen kann.
Hm, weiß nicht so recht, wie ich deine Selbstkritik bewerten soll. Dass dein Zeitziel flöten war, finde ich nicht so dramatisch und ich hoffe auch, dass das nicht das einzige Ziel war, warum du dich angemeldet hattest. Ich finde es jedenfalls sehr gut, dass du es bis zur Ziellinie durchgezogen hast. Vor deinem Radsplit ziehe ich ohnehin gehörig den Hut. Und ein Einbruch beim Laufen ist soo ungewöhnlich ja nun nicht. Wie gesagt: Klasse, dass du dich ins Ziel gekämpft hast. – Und was ist eigentlich „großer Sport“?
Hallo Daniel,
einen Ironman im vorgegebenen Zeitlimit zu finishen ist immer großer Sport. In einem Ironman kann soviel passieren.So kann man an der Ernährung, Psyche, Physe oder am Material scheitern. Schafft man es dann unter Einfluß der genannten Gründe doch, dann ist es meiner Meinung nach auch großer Sport. Genieß es einfach und sei stolz auf dich.
Gruß
Markus
bzgl. „großer Sport“: ich sehe es nun einmal nicht als eine große sportliche Leistung von mir an, knapp vier Stunden lang spazieren zu gehen; ich wollte ja durchlaufen und nicht gehen. Natürlich ist ein Einbruch beim Laufen nichts ungewöhnliches, der kann ja durchaus mal passieren, aber bei mir war der aufgrund der fehlenden Verpflegung vorprogrammiert. Und genau das ärgert mich… dass ich auf dem Rad entschieden habe: „Ok, dann wenigstens eine gute Radzeit, scheiß auf den Marathon“
Hast Du wirklich ab der „ersten Gehpause“ ab km 17 den Spaziergang angefangen und den dann bis 42,195 durchgehalten?
Wie schafft man das mental? Ich versuche immer wieder anzulaufen und Tempo aufzubauen und wenns dann nicht geht, wird irgendwann abgebrochen. Aber 25 km spazieren: wie schafft man das?
@Genius: laut dem Garmin-Protokoll bin ich 6x wieder angelaufen. Aus Prinzip bei der Übergabe der Bändchen, die wollte ich mir nicht auch noch gehend abholen (=3x), zweimal als die gegessenen Bananen vorübergehend ihre Wirkung entfalteten (alles immer nur wenige hundert Meter) und dann nochmal die letzten 700m, damit wenigstens noch die „4“ steht und es keine 12:5x wurde…
Hallo Daniel,
verfolge deinen Blog nun auch schon seit deiner ersten IM-Teilnahme sehr aufmerksam. Erstmal Glückwunsch zu deinen Finish’s!
Mich würde es mal interessieren, ob du der Meinung bist, dass du an einem guten Tag deine 10:30h-Vorgabe hättest schaffen können(mit dem absolvierten Trainingsaufwand)?
Ohne deine Leistung und deine Fähigkeiten schmälern zu wollen – ich hatte schon meine Bedenken, als ich mir angeschaut habe was du rein quantitativ trainiert hast und welche Ergebnisse du bei bisherigen Wettkämpfen erzielt hast.
Sagt dir dein Gefühl tatsächlich, dass aktuell schon eine 10:30 drin ist?
Zu deiner Performance in diesem Jahr kann ich nur sagen, dass jeder Finisher Respekt verdient. Dennoch geht es speziell bei 95% aller IM-Teilnehmer um persönliche Zeitziele. Und hier hab ich vollstes Verständnis dafür, dass du selbst nicht 100% mit deiner Leistung einverstanden bist, wenn du dich wirklich so kopflos für die Radzeit und gegen die Gesamtzeit entschieden hast wie du schreibst.
Es gibt nun aber nur eins: Aufstehen und Weitermachen und vor allem realistische Ziele setzen.
Gruß Manuel
Auf deinem Finisherfoto siehst ja schon wieder entspannt aus. Frankfurt 2011 ist schon wieder voll – wie wäre es mit Regensburg (hab mich schon angemeldet). Die Radstrecke dort ist etwas anspruchsvoller als Frankfurt, das könnte dir entgegenkommen.
Madonna Buder hat übrigens mit 79 Jahren den IM Canada absolviert (im Zeitlimit). Mit 1:33 gar nicht schlecht geschwommen für ihr Alter. Hast also noch knapp 50 IMs vor dir!
@chrker: ich brauche guten Asphalt und eine flache Strecke, wo man richtig gleichmäßig Tempo machen kann, da ist Regensburg so ziemlich das genaue Gegenteil davon. Wie mir berichtet wurde, gibt es dort statt breiter und flacher Bundesstraßen, schmale und wellige Seitenstraßen, auf denen es ein ziemliches Glücksspiel wird, ohne einen Platten durchzukommen. Das ist absolut nichts für mich. Ich bleibe in Frankfurt, die Strecke kenne ich in und auswendig, jedes kleines Schlagloch, die Stellen, wo man kurz aus dem Sattel gehen und im schweren Gang bleiben kann genauso wie die Stellen, an denen man besser zurückschaltet und langsam macht.
@Manuel: meine ursprünglichen Überlegungen, natürlich basierend auf den Erfahrungen von 2008, waren folgende: im Schwimmen 1:10h (mit Neo), also zwei Minuten schneller, beim Rad fahren mit besserem Material, fünf Kilogramm weniger Wettkampfgewicht, bessere Sitzhaltung eine Zeit von 5:20h (statt 5:46h) und beim Marathon dann eine 3:50h (statt 4:22h). Unter gleichen Bedingungen wie 2008 hätte ich mir die Zeiten in den ersten beiden Disziplinen auf jeden Fall zugetraut. Beim Marathon war ich mir nicht wirklich sicher… 2008 hatte ich das Gefühl, dass es noch einige Minuten schneller gegangen wäre, ich wollte aber nichts riskieren und habe immer mehr herausgenommen. Wäre also mit den 10:30h ein enges Ding geworden, aber unter optimalen Bedingungen, einen guten Tag und wenn der Kopf dann noch entsprechend mitspielt, ja, dann glaube ich, dass es gereicht hätte. Mit Neoprenverbot, der um 5km verlängerten Radstrecke und insbesondere den angekündigten heißen Temperaturen (damit hab ich es nicht so) war das Zeitziel ohnehin nicht zu schaffen, aber im nachhinein: da wären die Sub11 drin gewesen… ja wenn, ja wenn das Wörtchen wenn nicht wär… 😉